Zilog Z80 Prozessor: Der Intelschreck verlässt endgültig das Feld

Nach 48 Jahren wird die Produktion des Zilog Z80, einer der bedeutsamsten 8-Bit-Prozessoren, eingestellt. Ein wehmütiger Blick zurück.

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Nahaufnahme des Z80-Prozessors

Hier ein Z80-Prozessor in der 8 MHz-Version.

(Bild: Raimond Spekking, CC BY-SA 4.0/Bearbeitung: Markus Will)

Lesezeit: 6 Min.

Die Nachricht macht Nerds wehmütig: Die Produktion des Z80-Prozessors, einer der vielseitigsten 8-Bit-Prozessoren überhaupt, wird nach knapp 48 Jahren eingestellt. Mit einer relativ schmucklosen Mitteilung kündigte der Hersteller das Produktionsende des legendären 8-Bit-Prozessors an (pdf).

Erster Gedanke: Der wurde noch gebaut? Klar – der Z80 war von Anfang an dafür gedacht, für verschiedene Einsatzzwecke genutzt zu werden: Von Arcadeautomaten, über Homecomputer bis zu Workstations oder die ersten PCs. Der Z80 war in vielen Rechnern der PC-Pionierzeit verbaut und ist zudem bis heute in Druckern, Haushaltsgeräten und eingebetteten Systemen zu finden. Kurzum: Man kam in den vergangenen drei Jahrzehnten an ihm kaum vorbei. Seine Vielseitigkeit, der günstige Preis und die lockere Lizenzierungspolitik machten ihn zum Dauerbrenner.

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Dabei entstand der Prozessor aus einem Streit zwischen Federico Faggin und Intel: Er war unzufrieden mit dem Standing der Mikroprozessorenentwicklung bei Intel. Man verdiente lieber an Speicherchips als an Prozessoren. Faggin verließ Intel im Oktober 1974 und gründete mit dem ehemaligen Intel-Kollegen Ralph Ungermann im Silicon Valley die Firma Zilog, um einen eigenen Prozessor zu entwickeln.

Der Firmenname setzte sich zusammen aus "Z integrated logic", wobei das Z für das letzte Wort der integrierten Logik darstellen sollte – man wollte darin das letzte Wort haben. Der Prozessor sollte kompatibel, aber besser als der Intel 8080 sein. Daran machten ein kleines Team um Faggin, der zudem 1975 mit Masatoshi Shima einen weiteren wichtigen Intel-Entwickler an Bord holte.

Im Jahr 1976 war es so weit: Der Z80 wurde vorgestellt und er war ein Intel-Schreck. Er war nicht pin- aber binärkompatibel zum Intel 8080. Überdies erhielt er einige Verbesserungen: Er kam mit einer 5-Volt-Versorgungsspannung aus und brauchte nicht derer drei wie beim Intel (+5V/-5V/+12V), die Takterzeugung ist wie auch die Refreshsteuerung für Arbeitsspeicher integriert. Beim 8080 sind dafür externe Bausteine notwendig gewesen.

Durch die Kompatibilität zum 8080 lief auch das CP/M-Betriebssystem auf dem Prozessor, und das war in den Zeiten vor Windows und Office ein echtes Killerargument. Programme wie das Schreibprogramm WordStar, die Datenbank DBase und die Tabellenkalkulation VisiCalc waren entscheidende Gründe, einen Rechner geschäftlich zu nutzen. Dank des Z80-Prozessors, der nur einen Bruchteil des 360 Dollar teuren 8080 kostete, wurde PC-Technik zudem bezahlbar.

Typische Z80-Rechner in Deutschland: Schneider CPC 464 mit Grünmonitor GT65. Daneben ist der kompatible Nachfolger mit CPC 6128 zu sehen mit 3-Zoll-Laufwerk. Ausgestellt am Stand von harzretro.de auf dem Retro Computing Festival 2024 des Heinz Nixdorf Museumsforums in Paderborn.

(Bild: Markus Will)

Den Erfolg des Z80 mit CP/M beschrieb c't-Urgestein Detlef Grell im Hintergrundartikel zur Geschichte von CP/M:
"Beim Entwurf des Z80 hat Faggin dann alles eingebaut, was ihm am 8080 verbesserungswürdig erschien. Der Erfolg des Z80 war derart durchschlagend, dass mir in meiner gesamten Laufbahn inklusive Studium kein einziger CP/M-Rechner mit 8080-Prozessor mehr begegnet ist. Allerdings soll sich laut Kollege Andreas Stiller dereinst mal ein Siemens-Rechner mit 8085, dem etwas verbesserten 8080, in die Redaktion verirrt haben."

Der Markterfolg ging sogar so weit, dass das erste Hardware-Produkt von Microsoft eine Z80-Erweiterungskarte für den Apple II war, um CP/M dafür nutzen zu können. Der Commodore 128 hatte neben dem MOS 8502 genau für diesen Zweck zusätzlich einen Z80-Prozessor an Bord. Mit dem Osborne 1 kam zudem der erste tragbare Computer überhaupt auf den Markt, mit Z80-CPU und CP/M-Betriebssystem. Im Ostblock in den 1980ern kamen Z80-Nachbauten wie MME U880 zum Einsatz, die erst mit dem Mauerfall verschwanden.

Aber auch abseits des professionellen Einsatzes war der Z80 ein Erfolg. Er fand in vielen Homecomputern Eingang: In verschiedenen Computern der Firma Tandy war er verbaut, im ZX-Spectrum wie auch in der Amstrad-CPC-Reihe, die kürzlich ihren 40. Geburtstag feierte. Neben den Heimcomputern waren auch Automaten ein Markt für den Prozessor: In verschiedenen Arcadeautomaten war er beheimatet, etwa in Galaxian oder Pac-Man. Z80 oder Lizenznachbauten waren auch in verschiedenen Konsolen zu finden: Im Sega Master System, Game Gear sowie Mega Drive (letzteren als Co-Prozessor) war der Prozessor verbaut. Auch Nintendo nutzte ihn, wenn auch in abgewandelter Form: In verschiedenen Versionen der Game-Boy-Reihe werkelte ein leicht abgewandelter Z80-Klon von Sharp.

Auch war er später abiturrelevant: In den Taschenrechnern der TI-84-Plus-Serie hielt er Einzug – sie sind bis heute Bestandteil der zu Abiturprüfungen zugelassenen Taschenrechner. C't-Kollege Tim Gerber missfiel vor Jahren die oligopolsichernde Praxis deutlich. Und auch in weiteren Produkten wie Synthesizern, Druckern und anderen Alltagsgeräten fand man den Z80 – er war ein zuverlässiger und einfacher Prozessor. Der 16-Bit-Nachfolger Zilog Z8000 hatte nicht einmal annähernd den Erfolg des Z80 – auf dem Feld machte es Intel weit besser.

Man kam in den 1980ern und 1990ern kaum an ihm vorbei. Viele IT- und Programmiererkarrieren hatten ihren Beginn mit diesem Prozessor. Vor allem war es aber für viele der erste einschneidende Kontakt mit Computertechnik. Bis Juni werden noch Bestellungen angenommen, dann stellt Hersteller Zilog die Produktion des Z80 in der ursprünglichen Form ein. Ironischerweise kündigte Zilog das Z80-Aus fast auf den Tag genau zum 50. Jubiläum des Vorbilds an: Der Intel 8080 wurde im April 1974 vorgestellt. Allerdings hat der Z80 die Lebensdauer des 8080 um satte 34 Jahre übertroffen – Intels Prozessor hatte bereits im Jahr 1990 sein Produktionsende. Somit war der Z80 dreimal so lange auf dem Markt wie der Rivale – zumindest da hat Zilog definitiv das letzte Wort.

(mawi)